KiloZeBeF
Member
Mal ganz ohne Reifenmodell über die grundsätzliche Funktion von den Dingern zu diskutieren ist vielleicht für den Einen oder Anderen interessant. Ich eröffne mal mit meinem "gefühlten" Halbwissen und würde mich freuen, wenn Leute mit Ahnung was dazutun.
Grip:
Gummi ist ja ein Material mit so vielfältigen Herstellungsoptionen wie Stahl. Letzteren gibt's mit mehr oder weniger Kohlenstoff, mit mehr oder weniger Zusätzen anderer Metalle und dadurch wird eine Vielfalt von Eigenschaften erzeugt, die für spezielle Einsatzzwecke mehr oder auch weniger geeignet ist.
Wir nutzen hochelastische Stähle wo wir Elastizität brauchen und wir nutzen harte Stähle wo wir von Härte und Steifigkeit profitieren. Nicht immer wird das optimale Material verwendet, weil das entweder zu teuer ist, oder weil das vielleicht in der Einsatzumgebung mit Umweltparametern konfrontiert wird, die zum baldigen Ausfall führen.
Gummi soll sich mit dem Untergrund verzahnen, wozu es "weich" sein sollte, muss dann aber möglichst hohe Scherkräfte aufnehmen, sollte dann unter Scherbelastung nicht schlagartig sondern möglichst "zäh" abreißen und sollte dieses Verhalten idealerweise Im Bereich von -5 Grad Celsius bis zu Asphalttemperaturen von 70-80 Grad Celsius beibehalten.
Wenn es "DAS" Gummi gäbe, das die genannten Punkte zufriedenstellen erfüllt, gäbe es vermutlich auch nur einen Hersteller.
Faktisch wird EIN Gummi bei einer ganz bestimmten Temperatur weiche genug sein zu verzahnen, wird bei unterschiedlichen Temperaturen unterschiedliche Scherkräfte aufnehmen können, wird nach Überschreitung der Scherkraft je nach Temperatur unterschiedlich schnell abreißen. Die verschiedenen Hersteller werden kaum publik machen bei welchen Temperaturen welches Verhalten erreicht wird und zu unser aller Gunsten sind die heutigen Gummimischungen so gut, dass sie schon vor Erreichen ihrer optimalen Temperatur für den durchschnittlichen Fahrer völlig ausreichende Performance bieten - in Grenzsituationen aber möglicherweise nicht optimale Bremswege bieten und trotzdem in Schweinekurven vielleicht auch mal bei der Kombination aus Fliehkräften mit Brems- bzw. Beschleunigungskräften ausfallen, obwohl das bei anderer Temperatur machbar wäre. Wenn also der Vordermann mit dem gleichen Reifen durchkommt und man selbst macht sich dort lang, hat man vielleicht eine andere Reifentempoeratur gehabt...
Wenn Reifen zu heiß und damit das Gummi "zu flüssig" wird, dann ist spätestens der Spaß vorbei. (wer hier Verständnidhilfe braucht, stellt sich einen Eiswürfel vor, der hervorragend Scherkräfte aufnehmen kann - solange er kälter als 0 Grad ist... drüber verlässt ihn ein Teil seiner positiven Eigenschaften...)
Scherkräfte können nichtmehr aufgnommen werden, was jeglichen Spaß am Gasgriff, an der Bremse und in Kurven zur Lebensbedrohlichen Situation werden lässt. Solange der Reifen kalt genug ist, funktioniert er zumindest einigermaßen und zwischen einigermaßen und nichtmehr liegt das Optimum - das Gummi ist zähklebrig und er gript optimal.
Es ist wohl jedem leicht vorstellbar, dass dieser "halbflüssige" Zustand nicht nur optimale Verzahnung mit dem Untergrund ermöglicht, dabei noch ein zähes Abreißverhalten bei Scherbeanspruchung hat, sondern auch, dass sich die Oberflächenstruktur bei Belastung anders entwickelt, als wenn der Reifen kalt und hart rollt.
Der kalte Reifen ist aber noch nicht weich genug auf Scherkräfte zäh zu reagieren, er bricht (mikroskopisch) bei hoher Belastung und versagt dadurch instantan und reißt komplett ab anstatt wie im optimalen Bereich zäh zu schmieren (das ist dann imho der sogenannte Grenzbereich). Nach zähem Schmieren kommt dann freilich knapp drüber der "flüssige" Abriss...
Ich kann also mit einem kalten, harten und spröden Reifen nicht so sicher unterwegs sein, wie mit einem warmen und zähen. Ich kann aber weder anhand des Preises noch anhand zugänglicher Verbraucherinformationen darauf schließen, bei welcher Temperatur welcher Reifen zu kalt oder zu warm sein wird. Soviel zum Thema Grip.
Laufleistung:
Ein Gummi das hart und spröde ist und keine Scherbelastung erfährt, verliert nur "zufällig" mal ein Oberflächenmolekül und hält ewig. Ein Gummi das hart und spröde (weil kalt) ist und Scherkraft erfährt bricht und bröselt schnell weg, während ein warmes zähes Gummi unter Scherbelastung zusammenhält. Wird das Gummi zu warm, schmilzt es und verbleibt an der Kühleren der Kontaktflächen kleben - im Zweifelsfall an der Straße.
Man kann also einen kalten Reifen schnell zerbröseln und einen warmen Reifen schnell zerschmelzen. Hohe Laufleistung erhält man bei lastarmer Fahrt oder auch bei lastreicher Fahrt mit Reifen die in einem günstigen Temperaturbereich sind - wo auch immer der ist.
Sicherlich wird man bei lastreicher Nutzung immer eine geringere Laufleistung erreichen, als bei lastfreier. Das ist wie beim Spritkonsum, über den ich hier schon ausführlich bedenkenswertes abgelassen habe. Schubanforderung in wirkungsgradschwachen Betriebszuständen erhöht den Verbrauch - keine Schubanforderung (vermutlich bei konstant um 80 km/h) erzielt ein Verbrauchsminimum, heißt aber auch vollständigen Spaßverzicht. Mit nur 20% mehr Kraftstoffverbrauch lässt sich im wirkungsgradstarken Bereich auf der Landstraße ganz vorzüglich und fast unüberholbar sporteln. Wer doppelt soviel Sprit verbraucht, ist entweder arg grenzwertig unterwegs, oder hat ein komplett unsinniges Bedienkonzept.
Übertragen auf die Reifen: wer kalte Reifen arg belastet, hat wenig Grip und viel Verschleiß. Wer (zu) heiße Reifen arg belastet hat keinen(!) Grip und Verschleiß ist der geschönte Ausdruck für das was dann passiert. Und mit warmgefahrenen zähklebrigen Reifen hat man mehr Verschleiß, als bei kaltem Reifen ohne Last, aber nicht arg viel mehr, obwohl man damit mit einem Maximum an Sicherheit alles machen kann, was die Eier in der Hose hergeben.
Handling:
Das ist der Bereich, der mit Gummi eigentlich nix zu tun hat - da geht's mehr um die Breite und die Höhe der Lauffläche, sowie den Verlauf der Kontour von innen nach außen. Da wir auf zwei Rädern fahren, kann dann der Hersteller noch damit spielen, welchen Kontourverlauf er vorne und hinten ins Konzept übernimmt. Das führt dann zu so Begriffen wie agil, Anlehngefühl, stabil usw.
Dann gibt's noch unterschiedlich steife Unterbauten, die Karkasse, die was mit der Steifigkeit der Form zu tun hat, und somit mit Abrollkomfort, aber auch mit Präzision. Je steifer und unnachgiebiger die Karkasse, desto mehr rumpelt der Reifen über Fahrbahnunebenheiten, aber desto präziser ist die Rückmeldung über das erfahrene - je weicher die Karkasse, desto mehr kann der Reifen Unebenheiten wegstecken, aber desto indifferenter meldet er seinen Zustand, wenn Laständerungen vom Fahrer initiiert werden.
Wer nun welchen Reifen aus welchem Grund fährt ist bei dieser Diskussion völlig uninteressant - ich wollt nur mal ein paar für mich schlüssige Thesen raushauen, weil wir ja andernorts schon angefangen haben über Thermometer zu spekulieren. Wenn jemand ähnliche oder andere Ansichten hat, dann freue ich mich über eine lebhafte Diskussion.
Grip:
Gummi ist ja ein Material mit so vielfältigen Herstellungsoptionen wie Stahl. Letzteren gibt's mit mehr oder weniger Kohlenstoff, mit mehr oder weniger Zusätzen anderer Metalle und dadurch wird eine Vielfalt von Eigenschaften erzeugt, die für spezielle Einsatzzwecke mehr oder auch weniger geeignet ist.
Wir nutzen hochelastische Stähle wo wir Elastizität brauchen und wir nutzen harte Stähle wo wir von Härte und Steifigkeit profitieren. Nicht immer wird das optimale Material verwendet, weil das entweder zu teuer ist, oder weil das vielleicht in der Einsatzumgebung mit Umweltparametern konfrontiert wird, die zum baldigen Ausfall führen.
Gummi soll sich mit dem Untergrund verzahnen, wozu es "weich" sein sollte, muss dann aber möglichst hohe Scherkräfte aufnehmen, sollte dann unter Scherbelastung nicht schlagartig sondern möglichst "zäh" abreißen und sollte dieses Verhalten idealerweise Im Bereich von -5 Grad Celsius bis zu Asphalttemperaturen von 70-80 Grad Celsius beibehalten.
Wenn es "DAS" Gummi gäbe, das die genannten Punkte zufriedenstellen erfüllt, gäbe es vermutlich auch nur einen Hersteller.
Faktisch wird EIN Gummi bei einer ganz bestimmten Temperatur weiche genug sein zu verzahnen, wird bei unterschiedlichen Temperaturen unterschiedliche Scherkräfte aufnehmen können, wird nach Überschreitung der Scherkraft je nach Temperatur unterschiedlich schnell abreißen. Die verschiedenen Hersteller werden kaum publik machen bei welchen Temperaturen welches Verhalten erreicht wird und zu unser aller Gunsten sind die heutigen Gummimischungen so gut, dass sie schon vor Erreichen ihrer optimalen Temperatur für den durchschnittlichen Fahrer völlig ausreichende Performance bieten - in Grenzsituationen aber möglicherweise nicht optimale Bremswege bieten und trotzdem in Schweinekurven vielleicht auch mal bei der Kombination aus Fliehkräften mit Brems- bzw. Beschleunigungskräften ausfallen, obwohl das bei anderer Temperatur machbar wäre. Wenn also der Vordermann mit dem gleichen Reifen durchkommt und man selbst macht sich dort lang, hat man vielleicht eine andere Reifentempoeratur gehabt...
Wenn Reifen zu heiß und damit das Gummi "zu flüssig" wird, dann ist spätestens der Spaß vorbei. (wer hier Verständnidhilfe braucht, stellt sich einen Eiswürfel vor, der hervorragend Scherkräfte aufnehmen kann - solange er kälter als 0 Grad ist... drüber verlässt ihn ein Teil seiner positiven Eigenschaften...)
Scherkräfte können nichtmehr aufgnommen werden, was jeglichen Spaß am Gasgriff, an der Bremse und in Kurven zur Lebensbedrohlichen Situation werden lässt. Solange der Reifen kalt genug ist, funktioniert er zumindest einigermaßen und zwischen einigermaßen und nichtmehr liegt das Optimum - das Gummi ist zähklebrig und er gript optimal.
Es ist wohl jedem leicht vorstellbar, dass dieser "halbflüssige" Zustand nicht nur optimale Verzahnung mit dem Untergrund ermöglicht, dabei noch ein zähes Abreißverhalten bei Scherbeanspruchung hat, sondern auch, dass sich die Oberflächenstruktur bei Belastung anders entwickelt, als wenn der Reifen kalt und hart rollt.
Der kalte Reifen ist aber noch nicht weich genug auf Scherkräfte zäh zu reagieren, er bricht (mikroskopisch) bei hoher Belastung und versagt dadurch instantan und reißt komplett ab anstatt wie im optimalen Bereich zäh zu schmieren (das ist dann imho der sogenannte Grenzbereich). Nach zähem Schmieren kommt dann freilich knapp drüber der "flüssige" Abriss...
Ich kann also mit einem kalten, harten und spröden Reifen nicht so sicher unterwegs sein, wie mit einem warmen und zähen. Ich kann aber weder anhand des Preises noch anhand zugänglicher Verbraucherinformationen darauf schließen, bei welcher Temperatur welcher Reifen zu kalt oder zu warm sein wird. Soviel zum Thema Grip.
Laufleistung:
Ein Gummi das hart und spröde ist und keine Scherbelastung erfährt, verliert nur "zufällig" mal ein Oberflächenmolekül und hält ewig. Ein Gummi das hart und spröde (weil kalt) ist und Scherkraft erfährt bricht und bröselt schnell weg, während ein warmes zähes Gummi unter Scherbelastung zusammenhält. Wird das Gummi zu warm, schmilzt es und verbleibt an der Kühleren der Kontaktflächen kleben - im Zweifelsfall an der Straße.
Man kann also einen kalten Reifen schnell zerbröseln und einen warmen Reifen schnell zerschmelzen. Hohe Laufleistung erhält man bei lastarmer Fahrt oder auch bei lastreicher Fahrt mit Reifen die in einem günstigen Temperaturbereich sind - wo auch immer der ist.
Sicherlich wird man bei lastreicher Nutzung immer eine geringere Laufleistung erreichen, als bei lastfreier. Das ist wie beim Spritkonsum, über den ich hier schon ausführlich bedenkenswertes abgelassen habe. Schubanforderung in wirkungsgradschwachen Betriebszuständen erhöht den Verbrauch - keine Schubanforderung (vermutlich bei konstant um 80 km/h) erzielt ein Verbrauchsminimum, heißt aber auch vollständigen Spaßverzicht. Mit nur 20% mehr Kraftstoffverbrauch lässt sich im wirkungsgradstarken Bereich auf der Landstraße ganz vorzüglich und fast unüberholbar sporteln. Wer doppelt soviel Sprit verbraucht, ist entweder arg grenzwertig unterwegs, oder hat ein komplett unsinniges Bedienkonzept.
Übertragen auf die Reifen: wer kalte Reifen arg belastet, hat wenig Grip und viel Verschleiß. Wer (zu) heiße Reifen arg belastet hat keinen(!) Grip und Verschleiß ist der geschönte Ausdruck für das was dann passiert. Und mit warmgefahrenen zähklebrigen Reifen hat man mehr Verschleiß, als bei kaltem Reifen ohne Last, aber nicht arg viel mehr, obwohl man damit mit einem Maximum an Sicherheit alles machen kann, was die Eier in der Hose hergeben.
Handling:
Das ist der Bereich, der mit Gummi eigentlich nix zu tun hat - da geht's mehr um die Breite und die Höhe der Lauffläche, sowie den Verlauf der Kontour von innen nach außen. Da wir auf zwei Rädern fahren, kann dann der Hersteller noch damit spielen, welchen Kontourverlauf er vorne und hinten ins Konzept übernimmt. Das führt dann zu so Begriffen wie agil, Anlehngefühl, stabil usw.
Dann gibt's noch unterschiedlich steife Unterbauten, die Karkasse, die was mit der Steifigkeit der Form zu tun hat, und somit mit Abrollkomfort, aber auch mit Präzision. Je steifer und unnachgiebiger die Karkasse, desto mehr rumpelt der Reifen über Fahrbahnunebenheiten, aber desto präziser ist die Rückmeldung über das erfahrene - je weicher die Karkasse, desto mehr kann der Reifen Unebenheiten wegstecken, aber desto indifferenter meldet er seinen Zustand, wenn Laständerungen vom Fahrer initiiert werden.
Wer nun welchen Reifen aus welchem Grund fährt ist bei dieser Diskussion völlig uninteressant - ich wollt nur mal ein paar für mich schlüssige Thesen raushauen, weil wir ja andernorts schon angefangen haben über Thermometer zu spekulieren. Wenn jemand ähnliche oder andere Ansichten hat, dann freue ich mich über eine lebhafte Diskussion.